Rapen vor 1800Woher der Name "Rapen" abgeleitet wurde, ist bis heute nicht eindeutig geklärt. Zur Namensgebung gibt es drei Theorien. Dunkles WasserTheodor Baader deutet den Namen Rapen als "dunkles Wasser" oder "schwarzes Wasser". Rapen sei ein Wassername, meint er und verweist auf den Wasserreichtum des Gebietes.Rapen ein Wassername
Wasserreichtum im Frühjahr 1994 an der Ewaldstr./Gutacker. Hier, bei 55 m über NN, fließt alles Wasser Rapens zusammen. Rapens Höhenunterschiede sind beachtlich: Stimberg 156 m, Dillenburg 83 m, Schachtstr. 59 m, Kreuzung Hübner 77 m, Rütershoff 76 m, Hoher Kamp (vor Horneburg) 72 m
Zweige, die auf der Erde liegenEine andere Namensdeutung gibt uns H. Jellinghaus. Nach seiner Erklärung ist es sehr wahrscheinlich, daß der Name unserer Bauerschaft von einem "Baum, dessen Zweige auf der Erde liegen", stammt.Keltischer NameAuf eine dritte Deutung verwies Rektor Clemens Höppe. Rapa könne keltischen Ursprungs sein. In keltischer Sprache habe das Wort Rapa unserem Begriff Dorf entsprochen. In diesem Zusammenhang könnte die unterschiedliche Schreibweise unseres Ortsnamens in den Werdener Urbaren für die Jahre 1140 und 1240 bedeutungsvoll sein. Ersteres nennt unsere Bauerschaft Rapa, wogegen im zweiten der Name Rapen Verwendung findet. Wenn bis 1240 der Name sich von Rapa zu Rapen geändert haben sollte und die Vermutung eines keltischen Ortsnamens zuträfe, dann können wir die Namensgebung entschieden früher ansetzen, folgerichtig in keltischer Zeit. Wir müssen dann jedoch voraussetzen, dass während aller Siedlungsperioden der keltische Name über 1000 Jahre lang erhalten geblieben ist.Das GebietRapen umfasst den Teil Oer-Erkenschwicks, welcher bis 1926 zu Datteln gehörte. Es handelt sich dabei um die Wahlbezirke 4, 5 und teilweise 6 oder anders ausgedrückt um das Gebiet der katholischen Pfarrgemeinde St. Marien vermehrt um das Gebiet der alten Diller Mark im Norden und die südlich gelegenen Fluren Horneburger Feld, Hübbelkamp, Das Esselsche und Hoher Kamp. Man kann auch sagen, Rapen umfasst das Gebiet der historischen Bauerschaft Rapen im Kirchspiel Datteln. Sie wurde im Jahre 1825 erstmals vermessen. Damals entstanden folgenden Flurkartenblätter:
Huberts Heck, Zankapfel im MittelalterDer Gebietszipfel "Huberts Heck" zwischen der Industriestraße, dem Westerbach und der Horneburger Straße ragt von Westen her in das Rapener Gebiet hinein. Auf neueren Stadtkarten findet sich hier die Bezeichnung "Gewerbegebiet Tüschenheide".Bei diesem Gebietszipfel handelt es sich im wesentlichen um den Teil des Hofes Schulte-Hubbert, der schon bald nach dem 15. Jahrhundert zum Pfarrsprengel von St. Peter in Recklinghausen gelangte. Gestritten wurde vorher schon zwischen den beiden Kirchen St. Amandus und St. Peter um die Abgaben des Hofes. Der größere Teil des historischen Hofgrundes, nämlich 105 Morgen Land, blieben jedoch bis auf den heutigen Tag in den Bauerschaftsgrenzen Rapens. 1828 gehörten im Gebietszipfel "Huberts Heck" 36 Morgen Land zum Hof Schulte-Hubbert.Ein Dokument des Pfarrarchivs von St. Amandus sagt aus:"1325 ipso die purificationis b. Mariae Virg. haben die damaligen Provisoren der Kirche zu Datteln Lubbertus de Histede und Hugo de Veenninctorpe vor dem Altar des h. Amandus zu Datteln und in Gegenwart vieler glaubwürdiger Zeugen eidlich erklärt, daß mansum dictum to der Houe situm in Bekerapen mit all seinen Gütern dem h. Amandus angehöre, und daß sich keiner irgend welches Recht auf die Güter anmaßen könnte." Pfarrer Jansen schreibt 1881: "Die Tradition hat sich erhalten, daß Schulte-Hubbert früher zu Datteln gehört habe: er war der Schulte von Rapen, welches jetzt keinen Schulten mehr hat. Das Haus steht jetzt in der Gemeinde Recklinghausen, Bauerschaft Erkenschwick, hart an der Grenze von Rapen, jedoch liegen sehr viele Ländereien des Hofes in Rapen, im Jahre 1828 noch 141 Morgen, davon 105 Morgen in dem Beckerapen, jetzt nach der Flurkarte Horneburger Feld genannt. Er gibt noch immer Messgerste an Pastor und Küster von Datteln."WasserreichtumEiniges ist noch vom vormaligen Wasserreichtum Rapens vorhanden. Vom Lohäuser Berg kommt noch heute der Hegenbach. Er vereinigt sich etwa 120 m westlich des Hauses Klein-Erkenschwicker-Str. 235 (heute moslemischer Gebets-/Versammlungs-Saal) mit dem Hilgenbach. Beider Wasser fließt dann unterirdisch durch eine Rohrleitung. An der Ecke Karlstraße/Steinrapener Weg treten die Wasser als Steinrapener Bach wieder ans Tageslicht. Ältere Rapener erinnerten sich noch an den Werderbach. Er kam von Norden her aus dem heutigen Gebiet der oberen Bergstraße und floß an der Werderstraße in den damals offenen Steinrapener Bach. Leider hat man diesen schon um 1930 zu einem Vorfluter begradigt. Früher schlängelte er sich dagegen durch die wunderschöne Bachaue des Rapener Tales bis zum Gutacker. In der Krikedill, das ist das tieferliegende Gebiet von Breimanskamp, sprudelten noch vor wenigen Jahren einige Quellen, deren Wasser ebenfalls zum Steinrapener Bach flossen. Noch immer fließt der Hachhausener Bach. Den Steinrapener Bach erreicht er in Höhe des Hauses Rapen 23. Dort lag Reifs, später Köllings, Kotten. Bis vor einigen Jahren lebte dort Theo Becker. Ein weiterer Bach kommt aus Mersmanns Wiese zum Steinrapener Bach. Er entspringt zwischen Verbandsstraße und Ewaldstraße am östlichen Ende des Breiten Feldes unterhalb einer kleinen Böschung. An seiner Quelle lag früher Breimans Hof (später Stegemann), der im Januar 1924 abbrannte. Wo sich Steinrapener Bach und Westerbach zum Dattelner Mühlenbach vereinigen, waren früher die Gutackerschen Mühlenteiche und das Schloss Gutacker. Der Westerbach, heute ebenfalls ein tiefliegender, begradigter Vorfluter, kam von der Dahlbrede an der mittleren Westerbachstraße in Erkenschwick. Der Esseler Bruchgraben floß an der Verbandsstraße in den Westerbach, wurde aber inzwischen auf Rapener Gebiet völlig verrohrt.Die alten Bäche werden wiederkommenRapen bietet dem Betrachter viele reizvolle und schöne Landschaftsansichten. Teile der historischen Bauernlandschaft sind noch vorhanden. Trotzdem denken all jene, die sich an das Rapener Tal der frühen 60er Jahre erinnern, mit Wehmut an das alte Landschaftsbild zurück, bevor dort die Gewerbeflächen erschlossen wurden und noch die Dillenburg von der Anhöhe ins Tal schaute. Gott sei es gedankt, dass die alten Bachauen wieder hergestellt werden sollen. Der Lippeverband kauft zur Zeit entsprechende Grundstücke von den Anliegern der Bäche. Später sollen die Abwässer durch Rohrleitungen unter der Erde zur Kläranlage in Datteln fließen. Darüber wird sich dann ein neues Fließsystem für die Oberflächenwässer ausbreiten, sprich, richtige Bäche mit Fischen und Fröschen, Sümpfen und Tümpeln und der ganzen bekannten Bachflora werden aufs Neue entstehen. So hoffen wir, dass einige Quellen wieder Wasser abgeben werden, wenn die jetzt so tiefliegenden Vorfluter nicht mehr da sind.Das Ende der großen Prozession und neue GildenMitte des 12. Jahrhunderts tritt Rapen aus dem Dunkel seiner frühen Geschichte hervor. Gleich zweimal wird es in zeitgenössischen Schriftstücken erwähnt. Zuerst lesen wir im Werdener Urbar F. um 1140:De Rapa pro Suthervic 20 mo. hordei, herischillinc, pro vino 3 ob
Bei diesem Eintrag geht es um Abgaben, die an den Fronhof Heldringhausen zu entrichten waren. Der Fronhof Heldringhausen befand sich vor dem Recklinghäuser Viehtor. Er erhielt aus Rapa in der Nähe von Suderwich 20 Malter Gerste, Herrenschilling und 3 Obulus für Wein. Beim Urbar F. der Abtei Werden handelt es sich um ein Heberegister der Propsteihöfe aus der Zeit des Propstes Gottfried. Malter ist hier wohl ein Hohlmaß, Herrenschilling eine Geldsumme, Obulus ein Geldstück.
Der zweite Hinweis auf Rapen aus den Jahren 1150 / 1151 lautet: Similiter banno nostro confirmamus terram quandam eidem ecclesie, quam ipsi fratres emerunt a quodam Richardo de Rapen et fratre ipsius. Dieser Eintrag steht in einer Urkunde des Stiftes Cappenberg. Bischof Werner von Münster bestätigt darin einen Kaufvertrag. Richard von Rapen und sein Bruder hatten dem Stift Cappenberg Land verkauft. Dies bekräftigt der Bischof unter seinem Bann. Das bedeutet, jeder, der die Cappenberger Ansprüchen aus dem Vertrag bezweifelt, wird mit dem Kirchenbann bedroht. Die Lage und Größe des gekauften Grundstücks bleibt unerwähnt.
Das Werdener Urbar G. verzeichnet 1240:
Mansus Rapen 6 mo. siliginis, 8 mo. ordei, 5 d. et 3 ob.
Das Urbar G. ist ein Heberegister der Werdener Propsteihöfe in Westfalen und in den Niederlanden aus der Zeit des Propstes Heinrich. Das Register nennt für Rapen als Abgabe: 6 Malter Weizen, 8 Malter Gerste, 5 Denare, 3 Obuli. Denar ist ein Geldstück.
Rapen und GutackerUm die Geschichte Rapens zu verstehen, muß die historische Situation im näheren Umkreis und vor allen Dingen das Leben der Gebiete und Institutionen betrachtet werden, in deren Machtbereich sich die Bauerschaft befand, und an deren Schicksal die Rapener zwangsläufig Teil hatten. Wir kommen nicht umhin, unser Augenmerk auf das Dorf und Kirchspiel Datteln und auf die Horneburg zu richten, wenn wir nach verwendbaren Aufzeichnungen suchen. Schloß Gutacker bedarf einer eigenen Betrachtung. Gutacker gehörte sozusagen zu Rapen, oder Rapen gehörte zu Gutacker, je nachdem wie man es betrachtet. Zu groß und stark war die Zusammengehörigkeit zwischen Bauerschaft und Herrensitz. Zum einen war der jeweilige Herr von Gutacker Rapens größter Landbesitzer,zum anderen lebten die Menschen des Schlosses und die der Bauerschaft hautnah beieinander.Bauerschaft im Kirchspiel DattelnDie Dattelner Kirche finden wir erstmalig erwähnt in einer Bulle des Papstes Eugen III. Er bestätigt darin der Benediktinerabtei Deutz den Besitz der Dattelner Kirche. In älterer Zeit gehörten außer Rapen noch 9 weiter Bauerschaften zum Kirchspiel Datteln: Markfeld, Pelkum, Natrop, Klostern, Redde, Hachhausen, Bockum, Hagem und Meckinghoven.Horneburg, der nächste Nachbar, geht eigene WegeHorneburg hat früher ebenfalls zum Kirchspiel von St. Amandus gehört. Dass in Horneburg schon immer eine Kapelle bei der Burg vorhanden war, und ein Rector Cappellanus dort die Messe las, hinderte die Dattelner Pastöre nicht, ihre Rechte den Horneburger Pfarrkindern gegenüber durchzusetzen. Taufen, Eheschließungen und Beerdigungen mussten in Datteln geschehen. Im 17. Jahrhundert wurde dann längere Zeit zwischen Horneburg und Datteln über die Einrichtung einer Horneburger Pfarrei gestritten. Horneburg argumentierte z. B. damit, dass man im Winter die Kinder wegen der schlechten Wegeverhältnisse nicht zur Taufe nach Datteln bringen könne. Die Beerdigungszüge nach Datteln wären bei schlechtem Wetter nur über die Mühlenbrücke bei Gutacker möglich. Dazu brauche man jedoch die Erlaubnis des Freiherrn von Westrem. Am 8. Dezember 1670 entschied der Generalvikar Paulus Aussemius den Streit endgültig. St. Maria-Magdalena in Horneburg wurde selbständige Pfarrei. Vorher war schon das Taufrecht an die Kapelle in Horneburg erteilt worden.Rapen, das nicht minder weit von Datteln entfernt war, gehörte weiterhin zur Kirche St. Amandus.Die historischen Höfe RapensLasten, Abgaben, DienstpflichtenDie im Jahre 1782 genannten Rapener Höfe haben vorher bereits einige Jahrhunderte bestanden. Sie werden größtenteils schon 1526 erwähnt. 1685 zählt man 12 Höfe in Rapen mit einer Schatzung von 25 Talern. Der Rapener Hof Wiesmann gehörte zu den größten Steuerzahlern des Kirchspiels mit einer Schatzung von 4 Talern. Schatzung war der Steuerwert eines Anwesens. Entsprechend diesem Wert erhielt der Landesherr, für Rapen der Erzbischof von Köln, jährliche Steuerbeträge. Bei Bedarf wurde die Schatzung mehr als einmal im Jahr gefordert. Daneben hatten die Bauernhöfe noch verschiedene Abgaben an die Pfarrkirche und an den Gutsherrn zu entrichten. Das waren außer Geld, Getreide usw. auch Hand- und Spanndienste für den Gutsherren. Dazu kam die Eigenhörigkeit der Personen. Wer auf dem Hof des Grundherrn geboren wurde, der gehörte diesem als Leibeigener. Wollte er den Hof verlassen, um zu heiraten, einen anderen Beruf zu erlernen oder zu studieren, benötigte er die Einwilligung der Herrschaft. Deren Einwilligung war jedoch nur gegen Bezahlung und vertraglicher Zusatzverpflichtungen zu erlangen. Hof Rennefeld Neubau von 1880/85
Hof Bergmann Grußpostkarte ca. 1935
Gutackerscher GewinnbriefHier der Inhalt eines Gutackerschen Gewinnbriefes, in welchem verschiedene Abgaben aufgeführt werden. Am 15. Januar 1786 zahlt Wilhelm Rüping aus Meckinghoven der Freifrau Odilia von Elverfeld, welche damals auf Gutacker regierte, 12 Reichstaler. Dieser Betrag wurde fällig, weil besagter Rüping, Gutackerscher Leibeigener auf Möllers-Kotten, sich mit Margarethe Luthe in einer weiteren Ehe verheiratete. Elisabeth Möllers, seine vorherige Ehefrau, war gestorben. Bei gleicher Gelegenheit werden Abgaben des Möllers-Kotten an das Haus Gutacker schriftlich niedergelegt. Für zwei Gärten und einen Acker sind jährlich zu erbringen: 5 Reichstaler Pacht, außerdem ein Gewinngeld von 2 Reichstalern, 4 Hühner, zwei Enten und eine Gans und wöchentlich ein Dienst auf dem hochadeligen Haus Gutacker. Wenn der Dienst nicht gefordert wird (weil nicht benötigt?), sind als Ersatz 3 Reichstaler jährl. zu entrichten. 4 Stück "Werken" Garn sind jährlich für das Schloss zu spinnen. Aus dem zum Kotten gehörenden "Büschchen" darf kein Holz entnommen werden. Als besondere Gnade wird den Eheleuten versprochen, dass eines ihrer Kinder, "so der Herr ihnen Erben geben werde", einen Freibrief erhalten soll.Rapen zahlt zum Dattelner ArmenfondsOhne Sozialfürsorge ging es auch im Kirchspiel Datteln nicht. 1541 gründete man einen Armenfonds. Im Gegensatz zur älteren Praxis, Almosen zu sammeln und unverzüglich zu verteilen, wurde jetzt ein Stiftungsvermögen gebildet. Schon lange vorher gab es festgesetzte Almosentage in Verbindung mit religiösen Feiertagen. An bestimmten Festtagen mussten Naturalabgaben für die Armen gegeben werden. Zwei sogenannte Spendemeister (Spindemester) sammelten und verteilten die Gaben. Nun aber, im Jahre 1541, errichtete man ein Stiftungsvermögen, den Armenfonds. Die Urkunde darüber ist im Pfarrarchiv Datteln vorhanden (bischöfliches Archiv Münster). Unter den ersten Stiftern finden wir aus Rapen: Johan von Westrem zum Gutacker mit zwei Scheffel Land und 2 Scheffel Roggen. Die Bauerschaft Steinrapen gibt zwei Scheffel Land, Dyrick Loette und Trine "sine husvrowe" ein halb Scheffel Roggen zeitlebens, Johan Breyman 8 Goldgulden. In den folgenden Jahrhunderten tat der Armenfonds viel Gutes. Die Unterlagen sagen auch aus, dass der Armenfonds Geld auslieh und Grundstücke verpachtete. Noch 1869 erhält die Kreis-Chaussee-Baukasse des Kreises Recklinghausen ein Darlehn von 580 Talern zu 4,5 % Zinsen. Manchmal gab es auch Streitereien um das Fonds-Vermögen, wie folgendes Beispiel zeigt. 1789 verweigerte Frau Winkelmann aus Rapen den Scheffel Korn für ihr Armenland. Sie führte mehrere Gründe an. Erstens wisse man nicht, welches von zwei in Frage kommenden Grundstücken das Armenland sein solle; zweitens hätte sie und "uralte Leuth" niemals davon gehört, dass Winkelmanns Hof der Armenkasse etwas gegeben habe; drittens habe sie ihr ganzes Gut mit dem angeblichen Stück Armenland von Ihrem Herrn, dem Herrn von Westrem übernommen.Messkorn für St. AmandusJeder Bauernhof Rapens musste an die St. Amandus-Kirche das sogenannte Messkorn geben. Es wurde von Fuhrleuten in Begleitung eines Geistlichen eingesammelt, und zwar immer am gleichen Tag im Jahr. Für Rapen war das der Dienstag nach Hl. Drei Könige. Seit alters her musste jeder Hof einen Scheffel Gerste abliefern. Einige Höfe waren zusätzlich mit einem Scheffel Hafer belastet. Erst 1883 verordnete die preußische Regierung, dass die noch aus dem Mittelalter stammende Messkornabgabepflicht gegen einmalige Zahlung abgelöst werden solle.200 Jahre Leben mit LandsknechtenGutacker und Rapen hatten durch die Jahrhunderte immer wieder unter dem Einfall großer Soldatenkontingente zu leiden. Diese versorgten sich hier oder schlugen ihr Winterquartier auf. Für die Rapener Bevölkerung war das jedes mal eine Katastrophe. Das Vieh wurde aus den Ställen gestohlen, Kleidung, Pferde und Gerätschaften requiriert, Hand- und Spanndienste gefordert und so mancher junge Mann mehr oder weniger freiwillig mitgenommen und zum Soldaten gepresst. Frauen und Mädchen waren vor ständigen Belästigungen nicht sicher. Zu Kampfhandlungen kam es selten. Es war einfach so, dass seit den Truchsessischen Wirren im Jahre 1583 kaum 10 zusammenhängende Jahre vergingen, in denen nicht Heereshaufen in unsere Gegend einfielen.Gutacker brenntAm 2. September 1588 überfielen 600 Mann unser Gebiet. Sie plünderten das Haus Gutacker und steckten es in Brand. Den Bauern trieben sie das Vieh fort. Frauen und Mädchen, die sich nicht verstecken konnten, wurden geschändet und Männer, junge und alte, mitgenommen und nur gegen Lösegeldzahlung wieder freigelassen. Nach dieser furchtbaren Zerstörung in Rapen und auf der Burg Gutacker ermahnte der vestische Statthalter von Raesfeld den Adel zu äußerster Wachsamkeit und zur besseren Bewachung der Häuser. Die Burg Gutacker war zerstört. Es folgte der Wiederaufbau. Ein modernes Schlossgebäude stand nach kurzer Zeit in der Rapener Landschaft. Für die damalige Zeit und für unser Rapen recht groß. Ca. 52 m lang und ca. 35 m breit, von Wasser umgeben, daneben die Wirtschaftsgebäude. Eigentlich konnte sich die Familie von Westrem zum Gutacker diesen Prachtbau nicht erlauben. Vermutlich fehlte ihr das Eigenkapital dazu. Obschon die eigenhörigen Bauern unentgeltlich am Bau arbeiteten, musste doch überall Geld geborgt werden. Die Zeiten waren so beschwerlich, daß Rückzahlungen und Zinsen lange Zeit geschuldet blieben. So lesen wir unter dem 20. März 1593, dass die Pfarre St. Amandus dem Herrn von Westrem zum Gutacker 104 Gulden, 143 Taler, 148 Malter und 1 Scheffel Roggen und 10 Taler für eine Handschrift gegeben habe, Zinsen und Rückzahlung jedoch nicht einträfen.Verschuldung wegen KontributionszahlungenIm Dreißigjährigen Krieg war unsere Gegend fast ununterbrochen mit Soldaten belegt. Wenn die Truppen der einen Partei abgezogen waren, erschienen meist noch am gleichen Tage die der nächsten. Die neuen Besatzer forderten gleiches und oft noch mehr als die vorherigen, obschon die Bevölkerung bereits total ausgeplündert worden war. Es gleicht einem Wunder, dass die Menschen trotzdem weiterhin ihrer Arbeit nachgingen und immer wieder aufs Neue die Schäden behoben, Vorräte anlegten und Schulden bezahlten. Nicht nur der Einzelne, nein, auch die Gemeinheiten waren gezwungen, sich zu verschulden. So mußte unter anderem die Bauerschaft Meckinghoven "in ihren Nöthen zur Abzahlung der Kontribution von 1633" 66 Taler vom Kellner Vincenz Fabrizius in Horneburg ausleihen. Während der französischen Expansionskriege lagen zwischen 1670 und 1690 ständig Truppen in unserem Gebiet. Ab 1671 weist das Dattelner Taufregister Geburten aller Nationalitäten auf. Brandenburger, Spanier, Holländer, Franzosen, Reichstruppen, Soldaten aller Herren Länder gaben sich förmlich die Klinke in die Hand. Im Siebenjährigen Krieg, 1756 bis 1763, war es noch schlimmer. Wir dürfen vermuten, dass auch die Rapener Gemeinheit sich in dieser Zeit erheblich verschulden musste.Feudalherrschaft geht zu EndeDie 19 Rapener Hausstätten gliederten sich im Jahr 1782 in 7 Bauernhöfe, 5 Kötterstellen und 7 Heuerlingshäuser. Sieben Grundherren besaßen alles in Rapen. Menschen, Häuser und Ländereien waren ihr Eigentum. Der Besitz war folgendermaßen unter ihnen verteilt: Ein Gehöft gehörte der kurfürstlichen Kellnerei Horneburg, eines dem Domkapitel zu Köln, ebenfalls ein Gehöft dem Freiherrn von Westerholt und zwei dem Kloster Flaesheim. Zwei Höfe gehörten den beiden Brüdern von Westrem zum Gutacker. Der große Rest, 12 Anwesen, waren Eigentum des hochadeligen Hauses Gutacker und damit der Familie von der Lippe. Knapp 100 Menschen lebten in Rapen.Aufhebung der Leibeigenschaft in RapenVor 200 Jahren änderte sich schlagartig die alte Struktur. Die französische Revolution und in ihrer Folge Napoleon vernichteten die uralte Feudalordnung. Eine neue Ordnung befreite die Menschen aus der Leibeigenschaft. Nach dem Frieden von Luneville am 9. Februar 1801 und dem Reichsdeputationshauptschluss von 1803 übernahm der Herzog von Arenberg die Herrschaft im Vest Recklinghausen. Die Regierungsepoche der Kölner Erzbischöfe und Kurfürsten war beendet. Die Klöster wurden mit einem Federstrich enteignet. Statt der kirchlichen Herren war der Herzog von Arenberg nun Grundherr der entsprechenden Höfe. Das neue bürgerliche Recht, der Code Napoleon, wurde am 1. Juli 1808 in der nunmehrigen Grafschaft Recklinghausen eingeführt. Von diesem Tage an waren auch alle Rapener nicht mehr leibeigene, sondern freie Bauern. Sie durften fortan tun und lassen was sie wollten. Die Höfe gehörten ihnen aber noch nicht. Über Nacht waren sie zu Pächtern geworden. Die Freiherrn von Westrem zum Gutacker und von der Lippe hatten keine ihrer Ländereien verloren. Ob zu dieser Zeit die vormalige Besitzung des Freiherrn von Westerholt auch Westremsches Eigentum geworden war, ist noch nicht ganz geklärt.Neues Recht verunsichert Grundherrn und BauernAlle Rapener waren nun frei aber auch voll eigenverantwortlich. Da hieß es, sich an die neue Situation zu gewöhnen. Der Grundherr war nicht mehr der Übervater, der letztendlich zur Fürsorge gegenüber seinen Eigenhörigen verpflichtet war. Der Leibeigene wurde freier Pächter, der Grundherr war nun Pachtherr. War bis dahin das Verhältnis der beiden ähnlich dem zwischen Kindern (Leibeigene) und Eltern (Grundherren) gewesen, so gestaltete sich die Verbindung nun zu einem, wie man heute sagen würde, mehr oder minder knallhartem Geschäftsverhältnis, in dem nur noch Geldwerte eine Rolle spielten. Da der Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen noch sehr unterentwickelt war, fehlte es den Bauern an Geld für die Pachtzahlungen. Bisher war alles darauf eingestellt gewesen, Feldfrüchte und Vieh direkt beim Grundherrn abzuliefern. Mit den Handwerkern in Datteln und mit anderen Bauern betrieb man eine Art Tauschhandel und rechnete einmal im Jahr, i. d. R. zu Martini, alles gegeneinander auf, um den verbleibenden Saldo mit Geld auszugleichen, oder man blieb ihn schuldig. Viel Geld war verständlicherweise nicht im Umlauf. Das neue System der Pachtzahlung traf dadurch auf große Hindernisse. Die Bauern blieben oft ihre Pachtzahlungen schuldig, was dazu führte, dass die Pachtherrn ihrerseits unter leeren Kassen litten. Deshalb versuchten die Grundbesitzer ihre Höfe an die ehemaligen Leibeigenen zu verkaufen. Außerdem forderten sie Ablösezahlungen für den Verzicht auf Hand- und Spanndienste und andere Abgaben, die den Höfen noch aus der Leibeigenschaft anhafteten (s. a. "Gutackerscher Gewinnbrief" weiter oben). Oft wurde der Hof verkauft, die Hand- und Spanndienste und anderen Pflichten verblieben jedoch beim Käufer. Erst um die Jahrhundertmitte lösten gesetzliche Regelungen das Problem. Als Beispiel eines Kaufvertrages, der gleichzeitig die Ablöse regelte, ist der Vertrag vom 4. Oktober 1812 zwischen dem Freiherrn Wilhelm-Alexander von Westrem zum Gutacker und Heinrich Reiners gen. Pashmann zu nennen. Wenn Pächter und Grundherr einen Kauf- und Ablösevertrag abgeschlossen hatten, blieb das große Problem der Bezahlung. Banken zur Finanzierung gab es noch nicht in der Form und Vielfalt wie heute. Private Geldverleiher schalteten sich ein. Hohe Verschuldung der Bauern war die Folge. Die daraus resultierenden Schwierigkeiten für einen Großteil der Bevölkerung kann man sich leicht vorstellen. Der Fall des Theodor Breiman, Rapen Nr. 1, zeigt beispielhaft die Folgen der hohen Verschuldung. Vom 30. November 1837 datiert ein Verzeichnis über die Breimanschen Schulden in Höhe von 2000 Reichstalern. Gläubiger waren die arenbergische Domäneninspektion, der Regierungsrat Bracht, das Pastorat Horneburg und einige Kaufleute. Arenbergs Forderungen datieren noch aus dem Jahr 1803, die der Horneburger Kirche erstaunlicherweise aus dem Jahr 1729. Es folgten Schuldverschreibungen, Pfändungen, Vergleiche. Am Ende war Breiman nicht Besitzer seines Hofes sondern Pächter. Ein anderes Beispiel weist auf das Problem der Ablösung von jährlich wiederkehrenden Leistungen hin. Um den Fruchtzehnt abzulösen, verkauft im Jahre 1856 der Höfner Heinrich Wellmann fast 20 Morgen Land. Der Fruchtzehnt war eine jährliche Abgabe an den Grundherren, die noch aus der Feudalzeit auf Grund und Boden lastete. Auch wenn man den Grund und Boden von seinem Grundherrn gekauft hatte, bestanden die besonderen Abgabepflichten, wie zum Beispiel der Fruchtzehnt, weiter und mussten gesondert abgelöst werden. In der Regel wurde der 18- bis 20fache Jahreswert bezahlt. Heinrich Wellmann konnte sich erst 48 Jahre nach dem Ende der Leibeigenschaft von den grundherrlichen Forderungen befreien. Trotz drückender Lasten ging man in Rapen zuversichtlich in die neue Zeit. Denn, dass wirklich eine NEUE ZEIT angebrochen war, stand fest.
|